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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Pflichtteil

Hat ein Verstorbener kein Testament verfasst, wird sein Erbe durch die gesetzliche Erbfolge geregelt. In einem Testament kann der Erblasser sich jedoch über diese gesetzliche Erbfolge hinwegsetzen und andere Personen als Erben einsetzen. Die gesetzlichen Erben haben dann einen Anspruch auf den so genannten Pflichtteil. Der Pflichtteil ist ein Anspruch in Geld und richtet sich gegen die testamentarischen Erben.

Kein potentieller Erbe hat Anspruch darauf, in einem Testament auch wirklich bedacht zu werden. Wenn Kinder, der Ehegatte oder Eltern im Testament übergangen oder in ihren Erbrechten beschränkt wurden, so ist das Testament allein deswegen nicht angreifbar. Dem Erblasser ist es freigestellt, seine Angehörigen durch ein Testament oder einen Erbvertrag von seinem Erbe auszuschließen. Damit diese aber nicht völlig übergangen werden, haben sie den gesetzlich Anspruch auf den so genannten Pflichtteil.

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers, sein Ehegatte und seine Eltern, falls sie durch eine Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch an die Erben. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also die Hälfte dessen, was ihnen zustünde, wenn kein Testament vorläge.

Beispiel: Ein Witwer hinterlässt zwei Kinder, weitere nähere Verwandte hat er nicht. Von der gesetzlichen Erbfolge her würden die beiden Kinder je die Hälfte des Nachlasses erben. Der Vater hatte sich aber zu Lebzeiten mit seinen Kindern gestritten und wollte sie deswegen vom Erbe ausschließen. In seinem Testament hat er seinen besten Freund als Alleinerben eingesetzt. Die Kinder machen nun ihren Pflichtteilsanspruch geltend. Der Wert des Nachlasses beträgt - nach Abzug der Schulden - 200.000 Euro. Jedes der Kinder würde nach der gesetzlichen Erbfolge 100.000 Euro erben, ihr Pflichtteilsanspruch beläuft sich also auf jeweils 50.000 Euro (die Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Den Anspruch können sie gegenüber dem Freund des Vaters, dem Alleinerben, geltend machen.

Ihren Anspruch auf den Pflichtteil müssen die Kinder innerhalb von drei Jahren geltend gemacht haben. Die Frist beginnt ab der Kenntnisnahme des Erbfalls und der testamentarischen Erbregelung zu laufen. Nach drei Jahren ist der Pflichtteilsanspruch in allen Fällen verjährt.

Ist der Pflichtteilsberechtigte auch Erbe, entfällt natürlich sein Anspruch auf den Pflichtteil. Das wäre dann der Fall, wenn entweder kein Testament vorliegt oder dem Erben testamentarisch mindestens die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils zukommt. Sollen die Erben laut Testament weniger als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils bekommen, haben sie einen Anspruch auf Vervollständigung bis zur Höhe des Pflichtteils.

Möchte der Vater in unserem Beispiel seinen Kindern auch den Pflichtteil nicht zukommen lassen, muss er ihnen den Pflichtteil entziehen. Das ist allerdings nur in wenigen Fällen möglich. Das Bürgerliche Gesetzbuch nennt einige dieser Gründe, beispielsweise wenn der Erblasser von seinen Abkömmlingen körperlich mißhandelt wurde, wenn sie ihm ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen angetan haben. Der Entzug des Pflichtteils muss in einer letztwilligen Verfügung festgehalten sein, in der auch der Grund der Entziehung angegeben sein muss.

Ehegatten, die sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzen, wollen sich oftmals davor schützen, dass die Abkömmlinge schnell an Geld kommen wollen und daher ihren Pflichtteil fordern, falls ein Elternteil stirbt. Das ist im Testament durch eine Art Strafklausel möglich, die besagt, dass Abkömmlinge, die gegenüber dem überlebenden Ehegatten den Pflichtteil fordern, nach dem Tod des überlebenden Ehegatten vom Pflichtteilsrecht ausgeschlossen werden. Haben Erben auf ihr Erbe verzichtet, entfällt auch ihr Anspruch auf den Pflichtteil.



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