Emergenz
In der Wirtschaftssoziologie:
Emergenz-, Anhäufungs-, Aggregations- oder Kompositionseffekt, allgemein: qualitativer Sprung, neuer Zustand eines Systems, der nicht auf frühere Zustände oder Eigenschaften auf niedrigeren Aggregationsniveaus linear zurückgeführt werden kann. So können bestimmte Eigenschaften von Gruppen oder Organisationen (z.B. Kohäsion oder Effektivität) nicht vollständig durch Eigenschaften der beteiligten Mitglieder, sondern nur durch Rekurs auf Struktureffekte als Ergebnis von Interdependenz erklärt werden. Auch Auffassungen, die dem methodologischen Individualismus nahe stehen, akzeptieren heute weitgehend, dass sich solche Struktureffekte nicht streng reduktionistisch erklären lassen. E.phänomene werden insbesondere in der Makrosoziologie und in systemtheoretischen Ansätzen betont (Ash-by, K.W. Deutsch, A. Etzioni). Nach R. Boudon bedeutet Emergenz die Wirkungen einer sozialen Interdependenzsituation, die von den Akteuren nicht explizit angestrebt wurde. Daher lassen sich die meisten E.er-scheinungen auch als kollektive unvorhergesehene Folgen individueller intentio-naler Handlungen deuten. Emergenz ist ein zentrales Problem jeder Theorie der sozialen Ordnung, in der Struktur durch Handlungskoordination gemäss sozialer Rollen, Gruppeninteressen u. dgl. oder durch Selbststeuerung erklärt wird.
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