Beziehungslehre
In der Wirtschaftssoziologie:
Beziehungssoziologie, Beziehungswissenschaft, Bezeichnung im weiteren Sinne für jene soziologischen Ansätze, die die soziale Beziehung als Grundkategorie eines Theorieentwurfs wählen. Vertreter dieser Beziehungslehre sind u.a. E. Dupreel, F. Oppenheimer, J. Plenge, W. Stok und A. Vierkandt. Im engeren Sinne bezeichnet Beziehungslehre den soziologischen Ansatz von L. von Wiese. Seine Beziehungslehre stellt einen systematischen Ausbau der von G. Simmel entwickelten soziologischen Betrachtungsweise dar (Soziologie, formale). Noch entschiedener als Simmel lehnt von Wiese einen wissenschaftlichen Gesellschaftsbegriff als blosse Fiktion ab und rekurriert statt dessen auf das Soziale als „einem verwickelten Netz von Beziehungen zwischen Menschen“. Aufgabe der als Beziehungslehre verstandenen Soziologie ist es im Gegensatz zu anderen „Kulturwissenschaften“, die Formen der Assoziation und Dissoziation der Menschen zu analysieren, nicht jedoch den Zweck dieser Beziehungen. Daher sind soziale Prozesse, Abstand (Distanz) und soziale Gebilde die Grundbegriffe seiner beziehungswissenschaftlichen Soziologie. Soziale Beziehungen sind das Ergebnis sozialer Prozesse, die ihrerseits wiederum als Veränderungen zwischenmenschlicher Abstände definiert werden. Sobald soziale Prozesse eine gewisse Konstanz und Kontinuität sowie gleiche Beziehungen als Ergebnis aufweisen, ergeben sich soziale Gebilde. Gegenüber einfacheren sozialen Beziehungen sind soziale Gebilde durch ihre höhere Elastizität und einen unproblematischeren Bestand gekennzeichnet. Die Aufgabe der Allgemeinen Soziologie sieht von Wiese in der Analyse einzelner sozialer Beziehungen und sozialer Gebilde sowie in deren Einordnung in ein allgemeines Beziehungssystem und ein System aller sozialen Gebilde.
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