Primitiver
In der Wirtschaftssoziologie:
zunehmend ungebräuchlicher werdender Terminus, der erstmals im Zusammenhang der revolutionskritischen, restaurativen Sozialtheorie (L. de Bonald, J.- M. de Maistre) Verwendung fand, um denjenigen gesellschaftlichen Zustand zu bezeichnen, in dem die göttlichen Gesetze allein Geltung hatten. In diesem Sinne bezeichnet das Wort einen Gegensatz zum „Wilden“ (etwa im Sinne J.-J. Rousseaus), der nach dieser Doktrin bloss ein Verwilderter ist. Ab 1870 findet der Terminus Eingang in die (zuerst die englische) Ethnologie (Lubbock, Tyler). Hier wird teilweise wertneutral (und damit in Absetzung vom Begriff des Wilden) unter einem Ren einfach die früheste kulturelle Entwicklungsstufe verstanden. Bereits 1895 problematisiert E. Durkheim erstmals den Begriff und seine wissenschaftliche Diskriminierungskraft, weil man nicht wissen könne, was in fremden Kulturen ursprünglich und einfach ist und was sich einer späten Regression verdankt. Inzwischen hat sich weitgehend die Ansicht durchgesetzt, dass die Vorstellungen, die mit den Begriffen des Wilden und des Ren verbunden waren, wissenschaftlich nicht haltbar sind und sich einer westeuropäisch-ethnozentri-schen Projektion verdanken: die gemeinten Gesellschaften sind in vieler Hinsicht nicht einfacher, sondern vielfältiger als die homogenisierten Zivilisationen des Westens.
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