Disparitätsthese
In der Wirtschaftssoziologie:
auch: These der horizontalen Disparitäten von Lebensbereichen, ein der „Frankfurter Schule“ verpflichteter Theorieansatz: In der spätkapitalistischen Gesellschaft lässt sich Ungleichheit nicht mehr allein aus Einkommen, Status und Eigentum an Produktionsmitteln (also durch eine Klassentheorie) erklären; der Staat ist nicht länger ideeller Gesamtkapitalist, sondern ist als politisches Zentrum zu einem Instrument der Krisenbewältigung geworden, das dem Einfluss aller Machtgruppen unterliegt und dabei der Stabilität des Gesamtsystems dient. Über die Ungleichheit durch Klassenlage hat sich die Disparität der gesellschaftlichen Lebensbereiche geschoben: Interessen, die sich in den den Staat beeinflussenden Machtgruppen organisiert haben, werden mit höherer Chance erfüllt als andere. So ist der Widerspruch zwischen dem Entwicklungsstand etwa des Militärwesens auf der einen und dem Bildungs-, Verkehrsund Gesundheitswesen auf der anderen Seite zu erklären. Die Lebenschancen der einzelnen sind nicht mehr allein bestimmt durch ihre Klassenlage, sondern auch durch die politisch gesetzten Prioritäten der politisch regulierten Erfüllung bestimmter Interessen.
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