Informalisierung
In der Wirtschaftssoziologie:
[1] von C. Wouters (1977) vorgeschlagene Bezeichnung für Lockerungen bei den Verhaltensstandards etwa seit dem 2. Weltkrieg (Verbreitung des Duzens auch unter Personen, die einander nicht nahe stehen; permissive Erziehungshaltung der Eltern; sexuelle Erfahrungen und Themen werden gesprächsfähig; die Kleidungsregeln gestatten offene erotisch-körperliche Signale; die Förmlichkeit des Briefeschreibens verliert sich zugunsten eines nachlässig-persönlichen Stils usw.). Wouters, der seine Überlegungen als kritische Ergänzungen zu N. Elias\' Zivilisationstheorie vorbringt, stellt fest, dass Informalisierung zwar von Elias nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, seiner Grundthese (Fortgang des Zivilisationsprozesses durch vermehrte Selbstkontrolle) aber nicht widerspreche; denn Informalisierung sei von verstärkter Selbstkontrolle begleitet oder setze diese voraus (z.B. setzt die Verbreitung des Nacktbadens mehr Zivilisiertheit voraus und ist nicht blosse Lockerung).
[2] Elias hat diese Kritik aufgenommen und systematisch gefasst: Informalität und Formalität bilden in jeder Epoche des Zivilisationsprozesses ein spannungsreiches Verhältnis, „der Code oder Kanon des Verhaltens und Empfindens unserer Gesellschaften (und vielleicht aller Gesellschaften)“ ist „nicht aus einem Guss“ (Elias 1989).
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